Write it down in your own handwriting

HandschriftStricken, streicheln, schneiden – unsere Haupthand kann vieles. Eigentlich auch schreiben. In der Grundschule malten wir bedächtig große, runde Buchstaben auf die vorgefertigten bunten Linien, lernten, welche Lettern wir in Keller, Dach- und Erdgeschoss ansiedeln müssen. Später erfuhren wir dann, wie wir Silben untereinander fast malerisch verbinden, noch später lösten wir die Buchstaben wieder aus der „Schreibschrift“ und fast jeder Mädchen-i-Punkt entwickelte sich zu einem großen, runden Kreis. In der Schulzeit wurden Collegeblöcke vollgekritzelt, geheimnisvolle Briefbücher ausgetauscht, Postkarten verschickt. Unsere Schreibhand war unermüdlich im Einsatz.

Auch heutzutage senden wir gern Postkarten aus dem Urlaub (auch wenn der Großteil der Menschen zu ratlos ist, um mehr zu berichten als „Wetter gut, Zimmer schön“). Und wir schreiben auch immer noch unglaublich viel. Vielleicht sogar mehr, als wir tagtäglich sprechen, denn wir whatsappen, bloggen, kommentieren, twittern, tippen, was das Zeug hält. Dafür wird natürlich zum größten Teil ebenfalls die Hand gebraucht, doch die Handschrift an sich wird von der Elektronik in die Ecke gedrängt und wir lassen uns bereitwillig darauf ein. Irgendwie drücken die Finger ja auch schneller auf die Tasten, als wir sie sonst über das Blatt führen konnten. Eine Rechtschreibkorrektur gibt’s auch und verschreibt man sich mal, korrigiert man es eben unbemerkt. Läuft also super.

Bis wir dann auf einmal irgendwie doch etwas, ganz altmodisch, handschriftlich zu Blatt bringen müssen. Weil der Laptop akkutechnisch die Vorlesung nicht durchhalten möchte, eine nette Glückwunschkarte geschrieben werden muss oder wir viel zu gerne Häkchen an To-Do-Listen setzen (und das ist am PC nun mal echt nicht das Gleiche). Auf einmal fällt uns auf, zu was für einer Sauklaue unsere Schrift eigentlich verkommen ist. Dass die Dozenten aus der Klausuren-Krakelei überhaupt noch irgendeinen Sinn ziehen können, ist bewundernswert. Schließlich verzweifeln wir selbst schon daran, unsere eigene Schrift zu deuten. Da wird der „Scarlet Letter“ auf der Aufgabenliste zum „Schreibfutter“ und die 11 auf dem Stundenplan zur 12, weil wir uns vertan haben und alles in einen einzig großen schwarzen Klecks resultiert ist. Schreiben wir mit Mühe und Not eine ordentliche Geburtstagskarte, schmerzt danach die Hand so sehr, als hätte man gerade zweieinhalb Stunden Badminton gespielt. Das ist doch irgendwie unerfreulich. Bald geben wir nur noch Befehle in den Sprachcomputer ein und das Gehirn weiß gar nicht mehr, ob das große E nun auch im Keller Platz hat oder nicht.

Vielleicht sollte man die eingeschnappte Handschrift um Nachsicht bitten? Ich will sie nämlich gar nicht vorsätzlich vernachlässigen. Ich hab die ganz gern und mag die Gefühle, die sie in der Lage ist, auszudrücken. Nur irgendwie ist die Verlockung der Tastatur oft zu groß. Ich probiere es mal: Liebe Handschrift, kannst du bitte einigermaßen lesbar bleiben? Sonst kommt bei der Schriftdeutung irgendwann nur noch „chaotischer Computerfreak“ heraus – und nicht „internetaffine Schreibliese“.

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