Lollapalooza 2015 in review

„Lollapalooza“ bezieht sich auf einen bunten Lollipop voller Möglichkeiten. Ein breit gefächertes Lineup, liebevolle Details und Internationalität zeichnen das weltbekannte Festival aus.  Am 12. und 13. September 2015 feierte das Lollapalooza seine Europa-Premiere auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. 2013 noch Heimat des Berlin Festivals vom selben Veranstalter, ist der ehemalige Flughafen zukünftig aller Voraussicht nach eher Flüchtlingsunterkunft als Konzertgelände. An diesen zwei schönen, spätsommerlichen Herbsttagen wurde vor den ehrwürdigen Hallen aber noch einmal groß die Showkarosserie aufgefahren.

Tag 1

Gespannt waren sie alle und so meldete das Lollapalooza Festival allen Unkenrufen und Lineup-Beschwerden zum Trotz bereits im Vorfeld „Ausverkauft!“. Pro Tag feierten 45.000 bis 50.000 Besucher Macklemore, Muse, Seeed & Co. in Tempelhof. Davon durfte sich auch ein guter Prozentsatz VIP- oder Platinum-Publikum nennen, denn wie es für Berlin so üblich ist, wurde natürlich erst einmal alles versucht, um kostensparend Platz auf der Gästeliste zu finden. Entsprechend lang waren die Warteschlangen Samstagmittag beim VIP-Eingang. 1.5 Stunden vergingen, bis das lila Bändchen ums Handgelenk geschnürt wurde – mehr Zeit, als man beim regulären Eingang benötigte und selbst dort beschwerten sich die Besucher über lange Schlangen und Wartezeit. Beschwerden waren am ersten Tag des Festivals sowieso an der Tagesordnung. Kein Wunder, wenn mehr Leute bei den Toiletten anstanden als vor den Bühnen und man entspannte zwei Stunden brauchte, um etwas Essbares in den Händen zu halten. „Ich trink‘ kein Bier, sonst muss ich auf‘s Klo“ war Leitspruch vieler und beugte erfolgreich betrunkenen Festival-Rowdies vor. Ob sich das Toilettendebakel wohl auch merklich auf den Getränkeumsatz niedergeschlagen hat?

IMG_20150912_190802Nun gut, man war ja nicht (nur) zum Trinken hier, es gab schließlich auch das ein oder andere musikalische Schmankerl. MS MR erfolgreich dank Einlasswarteschlangen verpasst, durften Mighty Oaks zumindest noch 15 Minuten angeschaut werden. Die mittlerweile in Berlin lebenden, aus Amerika, Italien und Großbritannien stammenden Folk-Musiker waren positiv überrascht über die Vielzahl fröhlicher Fans, die sich bereits am Nachmittag vor der Main Stage einfanden. Wär ja sonst immer ein bisschen schwierig in Berlin, die meisten Berliner seien einfach zu verwöhnt. Da sich das Lollapalooza-Publikum aber aus allen Bevölkerungsschichten zusammensetzte, war der „Ich kenn alles, ich weiß alles, ich bin alles“-Berliner aber zum Glück beide Tage deutlich in der Unterzahl. Vor motivierten Teenagern, frenetischen Mainstream-Radiohörern und jungen Eltern samt Anhang spielt es sich im Zweifel nun mal besser als vor der gelangweilten Gästelisten-Meute. So überraschte es auch kaum, dass sogar der gewöhnungsbedürftige JazzHouse Mix von der Parov Stelar Band für Wellen der Begeisterung sorgte. IMG_20150912_184915Noch mehr Elektronisches auf die Ohren gab’s danach bei Digitalism und der Boys Noize/Skrillex Kombi Dog Blood auf der Perry’s Stage. Die nach dem Lollapalooza Gründer benannte Bühne war erfolgreich von Dämmwänden abgegrenzt und bot eine ganz eigene Welt. Manche Leute dürften das Wochenende einfach vollständig bei der Perry’s Stage versackt sein. Der Rest widmete sich vermehrt den Headliner-Namen des Wochenendes: Chvrches und Bastille kämpften gleichzeitig um Zuhörer – natürlich zogen Chvrches den Kürzeren, die meisten wollten dann doch einmal „Pompeii“ live erleben.

IMG_20150912_193140Dass Bastille vor einem vollgepackten Feld spielten und Deichkind direkt danach ebenso, verdeutlichte einmal mehr die musikalische Vielfalt des Lollapalooza Festivals. Deichkind dürfte man an diesem Abend vermutlich geheimen Headliner“ taufen, sorgten die Hamburger doch am ersten Tag wie kein anderer Act für Stimmung. Perfekt durchchoreografierte Performance, Lichtshow, Kostümwechsel, Hit an Hit – das passte wie die Faust aufs Auge zum Partypalooza. Ob „Bück dich hoch“, „Like mich am Arsch“ oder immer noch „Remmidemmi“, Deichkind animierten Jung und Alt. Manche tanzten danach direkt weiter bei Macklemore & Ryan Lewis oder Fatboy Slim, andere waren froh, The Libertines tatsächlich live erleben zu können. Nach Absage des Europatourneeauftakts zweifelte man ja doch ein bisschen, doch der Lollapalooza Vertrag hatte Pete Doherty anscheinend genug im Griff.

Tag 2

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Grüner Kiez

Kidzapalooza, Grüner Kiez, Fun Fair – das Lollapalooza Festivalgelände bot genug Abwechslung für persönliche Lineup Lücken, die es in den meisten Fällen aber gar nicht wirklich gab. Entsprechend groß war der Andrang auf Luminarium, Blumenkranzbinden, Fotoboxen und Glitzertattoo-Verzierung am Sonntagmittag, als die eher unbekannten Acts auf der Bühne standen. Es waren auch noch keine Schlangen bei den Foodständen zu sehen, was viele panisch ausnutzten – um dann festzustellen, dass die Veranstalter ordentlich aufgerüstet hatten. Mehr Dixies und ein größeres Essensangebot sorgten endlich für etwas mehr Ruhe auf den Lollapalooza Social Media Kanälen.

Musikalisch startete der Sonntag mit Brand New, die vor so wenigen Leuten spielten, dass ihr Ego nun etwas angekratzt sein dürfte. Klar, auch hier waren ein paar Fans vor Ort, die textsicher die Klassiker anstimmten, aber für die meisten Besucher war das dann doch zu wenig Partymusik. Was wiederum Auswirkungen auf den geneigten Zuhörer hatte: Brand New auf dem Lollapalooza waren dann doch eine sehr viel weniger intensive Erfahrung als gewohnt. Schade! Nach Brand New kamen endlich die Hip Hop Fans auf ihre Kosten, mit Run The Jewels auf der Alternative Stage. Der Rest, insbesondere das junge Publikum, hing entspannt bei der Perry’s Stage ab, wo an diesem Tag mit Felix Jaehn, Klangkarussell, KYGO und Robin Schulz die angesagten Namen der seichten elektronischen Musik auflegten.

IMG_20150913_185509Einen amüsanten Zwischenfall gab’s dann später: Crystal Fighters standen im Stau und verspäteten sich so auf sehr unprofessionelle Art und Weise, während die Beatsteaks frotzelten, dass sie ganz entspannt mit dem Fahrrad gekommen seien. Hachja, die Beatsteaks. Natürlich war es proppenvoll bei der Main Stage 2, als die beliebten Berliner eine (für sie ungewohnt kurze) Stunde Spielzeit hatten und gleich mit „Hello Joe“ einen populären Klassiker aus dem Hut zogen. Circle Pit, LaOlaWellen, gemeinsames Hochspringen – man kennt die Spiele der Beatsteaks und doch macht es immer wieder Spaß, dem Treiben zuzusehen. Zeit zum Entspannen gab’s dann beim vierfachen Grammy-Gewinner Sam Smith, der ordentlich auf die Tränendrüse drückte, mit seinem Disclosure Track „Latch“ aber auch zum Tanzen animierte. Weiter ging es mit Seeed – muss man mögen, kann man aber nicht nicht würdigen, denn Show und Anklang beim Publikum sprachen für sich. Bis hin zu den Tribünen wurde ausgelassen gefeiert und das nicht nur bei den überaus bekannten Songs wie „Dickes B“. Danach ging es gut gelaunt zu Muse, Tame Impala oder Martin Garrix. Oder, wie in meinem Fall, auch einfach nach Hause. Man ist ja verwöhnt als Berliner.IMG_20150913_223023

Am 10. und 11. September 2016 geht’s übrigens weiter.

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3 Kommentare

  1. 14. September 2015 / 18:06

    Danke für den tollen Post! Ich war leider nicht da, besonders Muse hätte ich mir zu gerne angesehen und -gehört. Dein ausführlicher Beitrag hat mir ein bisschen darüber hinweg geholfen :)

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