If someone believes they are limited by their gender, race or background, they will become more limited.

„Sehr geehrte Studentinnen und Studenten, wir, ihre Dozentinnen und Dozenten, wünschen Ihnen einen guten Start ins neue Semester. Ich möchte nun jede und jeden bitten, ihren bzw. seinen neuen Studierendenausweis abzuholen!“ – Was klingt wie absolut umständliches Geschwafel ist mittlerweile an vielen Orten Realität: Medienhüter achten engstirnig auf geschlechtsneutrale Formulierungen, in Uni-Hausarbeiten muss angemerkt werden, dass man nur aufgrund der Lesbarkeit auf Geschlechterunterschiede verzichtet und dank tu/vous-Differenzierung (duzen / siezen) und dem sogenannten „Gendern“ werden Geschäfts-E-Mails immer anstrengender. Grund dafür sind so einige Weltverbesserer und Feministinnen, die lauter gendergerechte Konstruktionen erfinden, um unsere Wahrnehmung der männerdominierten Welt zu ändern.

Auf den ersten Blick wirkt das starre Beharren auf die weibliche Extra-Endung -in und auf gekünstelte Neologismen wie „Studierende“ wie ein kleiner Schritt in die Richtung. Schließlich leben wir in einer Welt, in der Frauen immer noch benachteiligt sind. In einem Land in dem nicht einmal 10 % der Führungspositionen weiblich besetzt sind und wo der Anteil von Frauen in den Vorständen der 100 größten Unternehmen zwar langsam ansteigt, 2011 aber noch immer bei miserablen knapp 3 % lag. Ein Land, in dem eine gesetzliche „Frauenquote“ Betriebe zwingen soll, genau solche Missstände zu beheben.

Aber Deutschland ist nun mal eben auch ein Land, dessen Einwohner (und Einwohnerinnen…) seit sehr vielen Jahren bei so ziemlich jedem Nomen das generische Maskulinum verwenden. Und ganz ehrlich, ich als Frau fühle mich nicht beleidigt, wenn jemand konstant männliche Formen benutzt. Ich fühle mich auch nicht als schlechte Repräsentantin meines Geschlechts, wenn ich in meinen Texten prinzipiell dem Genderwahnsinn so wenig Raum wie möglich lasse. Denn die deutsche Sprache ist einfach so. Früher war Mensch halt gleich Mann und das bildet die deutsche Sprache unmissverständlich ab. Wenn wir wegen unseres (hoffentlich) neuen Weltbildes ständig an den Formen herumbasteln, stören wir lediglich den Lesefluss. Es wird wohl niemand abstreiten, dass er über merkwürdige Begriffe wie „LeserInnen“ und „Bastelnde“ stolpert. Doch es ist nicht nur die Lesbarkeit, die mich an der Sprachregelung zweifeln lässt: Wie genau wird eigentlich bestimmt, welche Form wir in der tollen neuen „Zeitrechnung“ verwenden? Jetzt gerade die der Frauen, weil sie es endlich auch mal verdient haben und zufälligerweise auch das geburtenstarke Geschlecht sind? Und sobald sich die Baby-Statistiken ändern, reichen wir mal wieder den Männern den Kelch der Nominalendung? Und wieso werden bei Erwähnung beider Subjekte immer noch die Frauen als erstes genannt? Ist „Ladies first“ nicht in etwa genauso antiquiert wie das generische Maskulinum? Zusätzlich betont das „Gendern“ ohnehin nur unnötig die Geschlechterunterschiede, die wir in unserer Gesellschaft sowieso schon zu gern diskutieren. Unsere alten Formulierungen sind logischerweise so alltäglich, dass wir sie ohne aufzuhorchen hinnehmen und nicht zwangsweise hinterfragen, welches Geschlecht gerade damit gemeint ist. Erst mit dem Hinzufügen eines –innen weisen wir explizit darauf hin, dass hier selbstverständlich Männlein und Weiblein vertreten sind – auch wenn es bei der Aussage vielleicht gar keine Relevanz hat. Was für uns die männliche Form ist, ist demnach (etwas abgeschwächt) die Nominalform, wie es sie bei Sprachen ohne Geschlechtsmarker gibt – z.B. im Englischen. Ist es etwa kein Zeichen, dass im Vereinigten Königreich extra geschlechtsmarkierende Formen wie „actress“ immer seltener werden? Dort fühlte sich die Bevölkerung nämlich vor den Kopf gestoßen und sah keinen Sinn darin, direkt immer das Geschlecht der Person hervorzuheben. Sollte das nicht auch bei uns so sein? Schlussendlich ist das sozial determinierte Geschlecht in Zeiten von Transsexualität sowieso nicht eindeutig zu belegen und, tut mir Leid, Versionen wie „Student*innen“ sind dann doch endgültig lächerlich.

Bevor man sich gezwungen fühlt, seine eigene Sprache zu vergewaltigen, sollte man sich eventuell erst einmal die Welt ein bisschen besser anschauen – und überlegen, wie man das Gender-Problem nicht auf die Sprache münzt, sondern wirklich aus der Welt schafft. Vielleicht ist die Rolle der Frau dann auch wirklich irgendwann ein für alle Mal mit der des Mannes gleichgestellt. Sofern man das denn überhaupt erreichen will.

Nachtrag (28.03.13): Die neue StVO ist genderneutral. Lächerlich.
Nachtrag (09.06.13): Die Uni Leipzig führt das generische Femininum ein …

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3 Kommentare

  1. Iris
    31. Januar 2013 / 11:01

    die genderdebatte befasst sich glaube ich mit ein bisschen mehr als nur mit dem „-innnen“ anhängsel. falls du diese reform an sich zum kotzen findest ist der text gelungen und unterschreibe ihn so.
    wenn du dein augenmerk auf die komplette genderdiskussion legen wolltest, finde ich ihn zu reduziert und eigentlich am thema vorbei.

    • 31. Januar 2013 / 11:54

      Mir geht es lediglich um die Sprachveränderung, die meines Erachtens viel zu sehr in den Mittelpunkt gedrängt wird. Sind wir also einer Meinung!

  2. 30. April 2014 / 23:52

    Eine ProfessorIN der HU ist für die Endung -a. Also nicht Geschichtslehrer, sondern Geschlechtslehra. Sieht aus wie dolle Orthografie.

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