I can’t drown my demons, they know how to swim

Review von Bring Me The Horizon – Sempiternal

Sempiternal

Scene-Boy Oli Sykes als Frontmann, Klatsch-Schlagzeilen dank Eskapaden im Tourbus, „Party till you pass out “-Lyrics – Bring Me The Horizon waren lange eine “Guilty Pleasure”-Band. Doch auf einmal, von einem Moment auf den anderen, findet man die Briten in jeder Musikzeitschrift, auf jeder Onlineseite und dann auch noch mit vielversprechenden Überschriften wie „Die Zukunft des Metals“. Was passiert ist? „Sempiternal“ ist passiert: Der neueste Longplayer der Musiker und hoffentlich die letzte Scheibe, die nötig ist, um das verstaubte Image aufzupolieren.

Bei „Sempiternal“ wollten BMTH von Anfang an alles richtig machen: so viel Zeit und Abgeschiedenheit wie nötig wurden in den Schreibprozess investiert, Keyboarder Jordan Fish (Ex-Worship) sorgte für den etwas anderen Klang und Hit-Produzent Terry Date (Limp Bizkit, Deftones) für die künstlerischen Feinheiten. Der groß angekündigte Titel ist nicht so furchtbar lang wie der des letzten Albums „There Is a Hell, Believe Me I’ve Seen It […]“ und doch durchdacht: „sempiternal“ steht im Alt-Englischen für die Lateinischen Worte „semper“ und „aeterno“ und bezeichnet das Unendliche, Ewige. Passend dazu: die „Blume des Lebens“ auf dem Cover.

So ausgereift die Produktion, so überzeugend die Musik? Tatsächlich ja. Opener „Can you feel my heart“ punktet direkt mit Synthies und Hymnen-Charakter. Die Melodie bildet einen wunderbaren Kontrast zur textlichen Verzweiflung (I’m scared to get close and I hate being alone / I long for that feeling to not feel at all / The higher I get, the lower I’ll sink / I can’t drown my demons, they know how to swim). Songs wie „Sleepwalking” oder das fantastische „Hospital for Souls” schlagen in eine ähnliche Kerbe. Sympathisch, dass man dabei diesen Dubstep-Remix-Quatsch („Suicide Season: Cut Up!“) weit hinter sich gelassen hat: Das Keyboard sorgt für einen Elektro-Touch, der weitaus besser passt. Auf Gastsänger wurde ebenfalls verzichtet, nur für „Gang Vocals“ durften Freunde und Bekannte einspringen. Dadurch entsteht ein sehr auf BMTH fokussiertes Album. Zum Glück! Denn wer, wenn nicht Herr Sykes, könnte seine derart düsteren Lyrics besser herüberbringen? Ein „sempiternal life“ scheinen sich die Bandmitglieder nämlich nicht gerade zu wünschen. Kritische Zeilen wie „We live our lives like we’re ready to die / We’re going nowhere“ (Shadow Moses) sorgen für Endzeitstimmung und finden ohne weiteres den Weg in die tumblr-Blogosphäre. Doch natürlich darf auch der „Schmackes“ nicht fehlen. Bei „Anti-Vist“ oder „Go To Hell For Heaven’s Sake“ wird ordentlich aufs Schlagzeug gehauen. Das ist vielleicht noch immer nicht Metal, aber ganz viel Hass und Aggression. Damit schlägt „Sempiternal“ einen gelungenen Bogen zu den alten Alben von Bring Me The Horizon.

„Oh, sieht der gut aus“-Anhängerinnen und „Hau Drauf“-Fans dürfte man mit dem neuesten Streich wohl trotzdem endgültig verlieren. Dafür dank Experimentierfreude und Intelligenz so einige Kritiker dazugewonnen haben. Denn Bring Me The Horizon sind längst nicht mehr Musiker, die man schuldbewusst unter der Bettdecke hört: „Guilty Pleasure“ war einmal, das macht „Sempiternal“ ein für alle Mal klar.

(7/8 Punkte, weil das Album beim 30. Durchgang dann doch mal zu nerven beginnt.)

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