Unzipper my mind in the blankets

Review von Wintersleep – Hello Hum

Wenn eine Band seit über zehn Jahren existiert und trotzdem nicht übermäßig bekannt ist, dann sticht sie a) nicht genug aus der Masse heraus, hat b) zu oft ihren Stil gewechselt oder ist c) einfach schlecht. Bei Wintersleep ist es wohl Möglichkeit B:  Man startete zunächst mit einem sehr grungig-rockigen Sound („Untitled“ / „Selftitled“), mit dem Sprung zum Major-Label wurde der Musikstil dann etwas leichter und indierocklastiger („Welcome to the Night Sky“). Schließlich war der Sound so dermaßen eingängig, dass sich die musikalische Handschrift von Wintersleep änderte, als wäre die Schreibhand gewechselt worden („New Inheritors“). Und die Fans der Band? Sind gleichermaßen heterogen und zicken sich ständig an, welches Album denn nun das Beste sei. Der neueste Longplayer der Kanadier wird die Wintersleep-Anhänger nicht vereinen können. Dafür ist er nicht überzeugend genug.

Das fünfte Album „Hello Hum“ beginnt mit sphärischen Synthies, hartem Gesang und druckvollem Schlagzeug. Der Opener „Hum“ fungiert damit als „Depeche Mode“-Hommage und distanziert sich von Nada Surf und Editors als Inspirationskollegen. Danach dann „In Came The Flood“. Hier wäre jeder Vergleich für die jeweilige Gegenüberstellung beleidigend: Sänger Paul Murphy zieht die Vokale so lang, dass wir ihm diese Soundschnur gerne durchschneiden würden, die musikalische Untermalung könnte mit ihrer Eintönigkeit auch einen Kindergeburtstag untermalen. Das darauffolgende „Nothing is anything without you“ ist kaum besser. Zwischendurch erinnert das Lied an Folk – um dann wieder das elektronische Geplärre von vorher fortzuführen. Auch der Rest der Songs überfordert den Hörer zusehends. Zu viele verschiedene Musikvariationen prasseln auf einen ein, zu viele verschiedene Ideen – da drückt man lieber auf „aus“ als auf „repeat“.

Wäre „Hello Hum“ ein Literaturwerk, so wäre es ein trockener Roman, durch den man sich seitenlang kämpfen muss. Ohne Happy End. Durch Überanalyse übersieht man die kleinen Highlights („Unzipper“!), entdeckt dafür aber so viele Unstimmigkeiten, dass man wünschte, man hätte das Werk direkt weggelegt. „Hello Hum“ ist einfach in sich nicht konsistent: Für die Radio-Plays versuchen Wintersleep fröhlicher zu werden – paaren die leicht-lockeren Melodien aber mit Herzschmerz-Lyrics. Die Elektroschiene wird nur halb befahren, von Indie Rock kann man hier auch nicht mehr sprechen. Ganz zu schweigen von der langweiligen Songstruktur mit hypothetischer Originalität.

„Hello Hum“ ist keine gelungene Mischung sondern ein schief gegangenes Experiment. Es ist eine Zusammenfassung der wackeligen Bandgeschichte, es macht klar, dass sich Wintersleep immer noch nicht gefunden haben. Und wenn sie auf diesem Niveau weitermusizieren, dann votiere ich doch für Möglichkeit C.

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