Nach dem Abi fürs Studium, nach dem Bachelor für den Master, nach dem Master für den Job, nach dem Berufseinstieg für das grandiose Job-Angebot – Gründe für einen Umzug gibt es gerade in jungen Jahren viele. Und ob Auslandssemester, Orientierungsurlaub oder Städtetrip, fremde Orte, an denen man neue Leute kennenlernen kann, sind nicht gerade Mangelware. Pech hat, wer genau an einer dieser Zwischenstationen den perfekten Partner findet oder sich „head over heels“ verknallt. Denn eine Fernbeziehung wird nicht nur von vielen erst gar nicht in Betracht gezogen und kategorisch abgelehnt, sie ist auch zweifelsohne eine Menge Arbeit für alle, die es probieren möchten.
Fernbeziehungen sind definitiv mehr Aufwand als „normale“ Beziehungen, die ja allein schon den meisten nicht gerade leicht fallen und gern mal beim ersten Stolperstein hingeschmissen werden. „Fernbeziehung“ muss sich dabei nicht direkt auf New York – Berlin beziehen. Zwei Orte, die so weit weg sind, dass man sich nicht problemlos jedes Wochenende sehen kann, sind schon ausreichend weit voneinander entfernt, um ein paar zusätzliche Herausforderungen auf die Beziehungsschippe zu werfen.
Wie man eine Fernbeziehung meistern kann, habe ich euch in den nächsten Punkten ganz subjektiv zusammengefasst. Allen Mitleidenden werfe ich ein „Chaka, wir schaffen das“ durch die digitale Atmosphäre.
1. Beziehungsstatus
„Ja, wir sehen uns häufiger und mögen uns. Aber ob das jetzt etwas Festes ist, weiß ich nicht“. Vergesst es. Ihr wollt „Ich liebe dich“ und nicht „Liebe, vielleicht mal irgendwann“. Ein solcher Zwischenstatus klappt bei einer Fernbeziehung nicht. Es ist essentiell, dass beide Beteiligten wissen, worauf sie sich einlassen und beide mit demselben Eifer bei der Sache sind. „Was Lockeres“ kannst du in deiner eigenen Stadt eh dreimal einfacher arrangieren.
2. Vertrauen
Ihr wisst also, ihr seid euch wichtig und wollt alles dafür tun, dass die Fernbeziehung klappt und Spaß bereitet. Dann gibt es eigentlich keinen Grund, dem Partner vorzuwerfen, er würde bei der nächstbesten Gelegenheit mit Kollegin X oder Freund Y ins Bett springen. Ein etwas dickeres Polster in der Causa Eifersucht solltet ihr euch dringend zulegen. Wenn ihr mal unsicher seid, fragt euch einfach, wieso euer Auserwählter gerade überhaupt alles hinschmeißen wollen würde. Gibt es einen triftigen Grund, gilt es natürlich den zu beheben. Andernfalls: Relax, just do it.
3. Kommunikation
Das richtige Maß und Mittel der Kommunikation. Ein schwieriges und doch unfassbar wichtiges Thema, dass ihr zu zweit besprechen und für euch lösen müsst. Ohne Kommunikation geht es schließlich nicht, wenn man sich alle Jubeljahre mal sieht. Nur wie ihr diese vornehmt, ist in heutigen Zeiten durchaus variabel. Hängt ihr eh ständig am Handy und seid gewohnt, dass eure wichtigste Bezugsperson erreichbar ist und euch auf dem Laufenden hält? Bevorzugt ihr ein kurzes Telefonat vorm Einschlafen? Braucht ihr feste Skype-Dates? Auch wenn hier jeder seine Vorlieben hat, so ist das persönliche Gespräch nicht zu unterschätzen. Schriftliches wird falsch interpretiert, immer und immer wieder gelesen und irgendwann teilweise so falsch im Kopf abgespeichert, dass es allein über die Kommunikationsweise zu Missverständnissen kommt. Bei unterschiedlichen Muttersprachen oder Dialekten ist das Interpretationsloch sogar noch größer. Also gönnt euch ruhig zwischendurch die Zeit für eine ausführliche Kommunikation auf Augenhöhe. Und die geht bei der Distanz am besten über Videotelefonie.
4. Überraschungen
Ihr seid euch im Klaren über die Beziehung, vertraut euch und kommuniziert so, dass es euch glücklich macht? Super! Dann überrascht den Partner doch mal mit etwas über dem Alltäglichen hinaus und zeigt ihm eure Anerkennung. Eine Postkarte, ein Blumenstrauß, ein digitales Mixtape – die Möglichkeiten sind groß und selten kostspielig. Dafür ist der Effekt umso größer.
5. Planung
Eins ist klar: Wochenenden sind euch fortan heilig. Gerade als Berufstätiger ist die Flexibilität für spontane Trips und Überraschungsbesuche oft nicht gegeben. Selbst In-die-Tage-Lebende müssen sich also angewöhnen, etwas weiter im Voraus zu planen und zukünftige Treffen festzulegen – wenigstens so, dass bei jedem Abschied das nächste Wiedersehen feststeht. Terminfixierte haben damit natürlich gar kein Problem, sollten sich aber zumindest im Klaren sein, dass die beste Planung hinfällig wird, wenn Job, Krankheit, Wetter und Co. ihre Finger mit im Spiel haben. Etwas Flexibilität darf also ruhig vorhanden sein. Und wenn dann mal ein Flug verfällt, ist es auch nicht das Ende der Welt – besser, als wenn man von Wochenende zu Wochenende entscheidet und so nicht mal anderen Freunden und Familienmitgliedern vernünftige Zeiträume für Besuch und Aktivitäten vermitteln kann, weil im Zweifel ja vielleicht doch der Partner „Komm bitte her“ schreibt.
6. Transportmittel-Test
Wie kommt man am schnellsten von A nach B? Wie ist es am günstigsten? Mit welchem Vorlauf bucht man am besten? Mit welchem Zahlungsmittel? Fernbeziehungsgeplagte werden zu wahren Transportkennern und können euch damit problemlos einen Knopf an die Backe labern. Ob man sich neun Stunden in den Fernbus quetscht oder kurz in den Flieger steigt und jedes Mal aufs Neue die Handgepäckbegrenzungen ausreizt, hängt letztendlich von Zeit und Budget ab. So können Studenten auch mal einen Tag für die Reise einplanen, Berufstätige schätzen ihre Urlaubstage und investieren gern mal etwas mehr. Vielleicht macht auf der anvisierten Strecke aber sowieso ein Billigflieger allen Transportmitteln Konkurrenz und nimmt die Entscheidung damit für euch ab.
7. Finanzielle Offenheit
Es wird immer mal der Fall sein, dass einer öfter zum anderen fährt oder der eine des Berufs wegen nur an kostenintensiven langen Wochenenden und Ferientagen zu Besuch kommen kann. Damit nicht der eine tief in die Taschen greifen muss, während der andere lediglich hin und wieder den Kühlschrank füllt, empfiehlt es sich, die jeweiligen Transportkosten zu notieren und gelegentlich finanziell auszugleichen. Ob dabei halb/halb geteilt oder höheres Einkommen auf die ein oder andere Weise abgegolten wird, ist natürlich wieder euch überlassen. Besprochen werden sollte es aber auf jeden Fall. Keiner will bei dem anderen in der Schuld stehen oder ein schlechtes Gewissen haben, wenn der finanzielle Schuh drückt, man sich aber gern mal wieder sehen würde.
8. Alltag
Aufs Wiedersehen wird wochen- bis monatelang hingefiebert und einiges an Zeit und Nerven in die Überbrückung investiert. Natürlich will man sich die nun kommende gemeinsame Zeit so schön wie möglich machen. Das Leben ist aber nicht nur Glitzer und Ponyhof. Ein gemeinsamer Alltag ist ein wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Teil einer Beziehung und sollte auch in einer Fernbeziehung vorkommen. Dazu gehört: Schwächen und Launen zeigen, etwas mit anderen Leuten unternehmen, mit der Mama telefonieren und vielleicht auch einfach mal schweigend nebeneinander auf der Couch sitzen. Es hält euch ja trotzdem keiner davon ab, zwischendurch das Bett nicht zu verlassen oder eine richtig schöne „Date Night“ einzuplanen.
9. Streit akzeptieren
So wie der Alltag zu einer Beziehung gehört, darf auch der Streit nicht fehlen. Vielleicht wird die Distanzphase nicht ohne Zickerei überstanden oder es kracht mal beim Wiedersehen, weil der eine seinen Partner bei Opa und Oma vorstellen will und sich der andere längst auf einen entspannenden Kurztrip ins Wellnessbad eingestellt hatte – lasst diese Momente zu! Nur so lernt ihr den Partner richtig kennen und stellt fest, ob er euch genug Paroli bietet und das Harmonieverhalten auf einer Ebene ist. So wird’s auch nicht langweilig!
10. Ziel
Vielleicht gehört ihr ja tatsächlich zu den verliebten, aufopferungsvollen, planenden, vertrauenden paar Prozent, die eine Fernbeziehung meistern. Dann ist es aber meistens mit einem erklärten Ziel vor Augen gelungen: dem (willkommenen) Ende der Fernbeziehung und einem gemeinsamen Leben, das nicht ständig von der Distanz eingeholt wird. Bestenfalls steht dieses Ziel von Anfang an fest oder es gibt zumindest eine Perspektive, an die ihr euch klammern könnt. Bei Auslandsaufenthalten ist das noch einfach, bei zwei feststehenden Wohnorten weniger. Kann sich jemand vorstellen, seinen Lebenspunkt zu verlagern? Wer richtet sich nach wem? Früher oder später müssen Zugeständnisse gemacht werden. Ist dazu keiner bereit oder gibt es einfach keine (berufliche) Option, sollte das Experiment Fernbeziehung lieber gleich an den Nagel gehängt werden. Denn eins ist sicher: Eine Fernbeziehung sollte – zumindest meiner Meinung nach – immer ein Übergang, eine Phase, ein Versuch sein. Gemeinsam einschlafen ist einfach zu schön.