No one’s forcing you to do this. You willingly tie yourself to these leashes.

Review: Dave Eggers – The Circle

Staatliche Überwachung und der damit verbundene Datenschutz sind in aller Munde. Aber wie wäre es eigentlich, wenn wir all unsere Informationen, Erlebnisse und Gefühle freiwillig mit einem börsennotierten Unternehmen teilen würden? Bis zu einem gewissen Grad machen wir das natürlich schon. Was Facebook, Whatsapp, Google und Co. jedoch tatsächlich speichern, auswerten und weitergeben, weiß wohl niemand so genau. Überdies gibt es noch kein soziales Netzwerk und keinen Internetdienst, der ganz allein jeglichen Teil von uns abbilden könnte. In Dave Eggers dystopischem Werk „The Circle“ allerdings schon. „The Circle“ ist das Unternehmen, in dem jeder arbeiten möchte, das Netzwerk, dem jeder angehören möchte, die Instanz, der jeder vertraut.

Aufbauend auf die Social Media Plattform „The Circle“ überwachen und kontrollieren die „drei Weisen“, die Bosse des Circle, alles, was im Entferntesten mit Informationsgewinn zu tun hat. Überall und jederzeit installierbare Kameras, Gesundheitsarmbänder, Dateien auf Jedermanns Festplatte – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und alle Welt ist begeistert, welche Möglichkeiten sich ihr bieten. Ist es nicht toll, im Voraus zu wissen, ob die Person gegenüber nur für einen Flirt taugt oder man interessenstechnisch tatsächlich voll auf einer Wellenlänge ist? Krankheiten noch vor Ausbruch zu prophezeien oder Orte hautnah und live erleben zu können, ohne da zu sein? Bereitwillig macht sich die Bevölkerung zum „transparenten Menschen“. Allen voran natürlich die Mitarbeiter des Circles, die jedes neue Gadget als erstes testen dürfen.

Mae ist eine dieser beneidenswerten Mitarbeiterinnen. Sie erhält über Kontakte eine Stelle in der Kundenberatung des Circle und wird zunächst mehrmals ermahnt, nicht nur ihren Job gewissenhaft auszuführen, sondern sich auch in der Gemeinschaft zu integrieren und was für ihren „PartiRank“ zu tun. Denn für soziale Online-Aktivitäten erhalten Circle-Mitarbeiter Punkte, die öffentlich für jeden Angestellten einsehbar sind. Nachdem Mae festgestellt hat, dass ein hoher PartiRank mit Beliebtheit gleichzusetzen ist, kommentiert und liked sie online alles, nimmt offline an so vielen Veranstaltungen wie möglich teil, um dies online zu dokumentieren, und verlässt den Campus des Circle-Unternehmens kaum noch. Dank ihrer Begeisterung für die Ziele des Circle erlangt sie schnell Bekanntheit und Bewunderer. Letztendlich sagt sie sogar zu, jeden Schritt ihres Lebens filmen zu lassen, um so die weltweiten Beobachter des Circles an ihrer Arbeit und ihrem Alltag teilhaben zu lassen. Spätestens hier verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Täuschung, nutzt der Circle sie schließlich als Propaganda-Maschine für neue Erfindungen.

Ein totalitäres System, Überwachung, Propaganda und „Wissen ist Macht“ sind Bestandteile von vielen Dystopien und spätestens seit Orwells „1984“ nichts Neues. Dave Eggers‘ „The Circle“ besticht daher nicht mit bahnbrechenden Prophezeiungen, sondern eher mit messerscharfer Beobachtungsgabe. Die Erfindungen des Circle sind nah an der Zeit und doch zukunftsweisend, sie sind genial, beklemmend und gefährlich. Die rasanten technischen Entwicklungen halten in Atem und lassen einmal mehr darüber nachdenken, an was heutzutage wohl eigentlich alles getüftelt wird. Nichtsdestotrotz kann Eggers‘ Einfallsreichtum und Hang zur Aktualität nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mae als ahnungsloses Schäfchen durchaus unsympathische Züge hat und Widerworte und Protest schneller ausgebremst werden, als neue Zweifel aufkommen können. Werden wir wirklich ausnahmslos begeistert sein von Datenmissbrauch und Transparenz in jeder Lebenslage? Das mag und hoffe ich zu bezweifeln.

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7 Kommentare

  1. 20. Januar 2015 / 23:07

    Ok. Wird gelesen.

  2. 29. Januar 2015 / 16:39

    Die Thematik ist sehr spannend.
    Leider hat mich das Buch nicht so ganz überzeugt.

    Der Hauptcharakter hatte für mich keine Identifikationspunkte. Die extrem naive Art, wie die Welt beschrieben wird, die Umstände unter denen Sie ihre Liebhaber kennenlernt und die Slogans wie „Teilen ist Heilen“, (die sehr an 1984 erinnern), haben mich nicht angesprochen.

    Die Idee die dahinter steckt finde ich durchaus ansprechend, aber ein Lesegenuss wollte sich bei mir nicht einstellen. Deswegen habe ich das Buch bei der Hälfte beiseite gelegt. Vielleicht wäre es ja noch besser geworden, aber das Buch hat mich einfach nicht gepackt.

    • 29. Januar 2015 / 23:35

      Ich kann dir absolut zustimmen, was Mae angeht, nur dass ich die thematische Weiterentwicklung von 1984 spannend genug zum Weiterlesen fand!

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