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Morgen wird Gestern

Mehr Zeit zum Leben

Doppelmoral in der Hardcore-Szene

18. August 2016

Comeback KidIn der heilen Welt des Hardcore hat sich jeder lieb. Man hört zwar Musik, die gemeinhin als hart oder gar aggressiv bezeichnet wird und Außenstehende können kaum verstehen, wieso man sich das Gedränge vorne im Pit antut – aber im Hardcore-Kosmos sieht man das natürlich anders. Die Szene ist eine große Familie und Toleranz das höchste Gut: Wer rechts ist, kann sich verpissen. Wer im Gewühl fällt, dem wird geholfen. Und vor allem: Jeder kann Teil dieser großen Gemeinschaft werden, denn man ist offen gegenüber allen Minderheiten, die die Welt so zu bieten hat.

Alles sehr löblich und kein unwillkommenes Umfeld. Doch bewegt man sich öfters in der Szene, treibt sich auf den einschlägigen Konzerten herum und ist schlimmstenfalls noch eine Frau, wird schnell deutlich, wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen können.

Denn auch wenn die hardcoretypischen Ansagen von politisch angehauchten Bands ausnahmslos abgefeiert werden, sind folgende Eindrücke gang und gäbe:

– Man kommt vom Job direkt zum Konzert, ist mal etwas schicker gekleidet und hat zum Beispiel einen Rock an. Natürlich wird direkt bei Einlass festgestellt, „dass man ja wohl nicht zu der Show will, oder?“
– Dennoch gilt man als Frau direkt als cool, wenn man nicht nur „Anhängsel“ vom Hardcorefreund ist, sondern sich auch etwas auskennt. Selbstvermarktung auf Instagram funktioniert innerhalb der Szene dementsprechend erste Sahne – lüsterne Blicke auf Konzerten garantiert.
– Jeder, der nicht dem Stil der Szenemasse entspricht, wird angeschaut, eingeordnet und als unwissend abgestempelt.
– Ob Veganismus, Religionshass oder Autoritätenhass, im Hardcore gibt es eine Norm, die es einzuhalten gilt. Nur wie kann man eigentlich tolerant sein, wenn man jegliche Werte verachtet, die nicht die eigenen sind?

Eigentlich müsste ich mir um sowas gar keine Gedanken machen. Denn auf den ersten Blick bin ich die perfekte Hardcore-Frau. Gut, vielleicht ein bisschen zu wenig Farbe unter der Haut, aber definitiv schon lange genug dabei, um Genre-Diskussionen führen und Konzertvergleiche ziehen zu können. Ich steh‘ mit meiner mit Patches benähten Jeansjacke alleine auf Shows, raste vorne aus und habe keine Scheu vor dem moshenden Zwei-Meter-Typen in der Menge – auch wenn das meine Lippe das ein oder andere Mal anders sieht. Ich bin durch Stageload in der Szene engagiert und gut vernetzt. Ich verachte Drogen. Ich fühle mich in den ganz und gar unfancy AZs dieses Landes wohl und mag, dass das Ganze nicht „nur“ auf Musik, sondern auch auf ähnliche Gesinnungen fußt.

Nur: Damit hört es dann schon auf.

Ich bin ein privileged white kid, eine Polizistentochter und hasse es, wie es für diesen Beruf in diesem Umfeld so gar keinen Respekt gibt. Ich würde mich als gläubig betrachten und finde manchmal in der Kirche Trost. Ich arbeite seit Jahren in der oberflächlichen Lifestyle-Branche und schäme mich nicht für meine Berufswahl. Ich esse Fleisch und fange darüber am liebsten so gar keine Diskussionen an. Extrem links ist besser als extrem rechts – auf jeden Fall! Ich verstehe trotzdem nicht im Geringsten, was das Anzünden von Autos unschuldiger Zivilisten bewirken soll.

Mit dem Äußern von bloß einem dieser Punkte würde ich schon aus so manchen Hardcoreladen dieses Landes verwiesen oder zumindest verächtlich angeschaut werden. Dabei vertrete ich die grundlegenden Aussagen der Szene komplett: Anderen helfen, nicht diskriminieren, mit offenen Augen durch die Welt gehen, sich informieren. Doch die Extremformen dieser Szene sind so elitär, dass sie zwar auf den ersten Blick schmuddeliger, uneleganter und unauffälliger wirken als affektierte Kunstliebhaber oder wohlhabende Wochenendgolfer. Im Grunde tun sie jedoch genau dasselbe: Ausschließen aller, die nicht komplett ähnlich denken. Und sich damit selbst direkt ins eigene idealistische Aus schießen.

„Mischlingen“ wie mir bleibt da eigentlich nur eins: Mitspielen und den Schein der toughen Hardcore-Frau wahren. Immerhin hagelt’s Likes fürs neue Tattoo.

Diese Kolumne wurde für Stageload verfasst. Foto von Jannik Holdt.

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3 Kommentare KATEGORIEN - Geschriebenes, Musik, Persönliches

Kommentare

  1. Lexa meint

    20. August 2016 um 12:56

    Kenn ich. Zwar nicht im Bereich Hardcore, aber allgemein bei der Musik. Ich bin zum Beispiel zu naturblond für die Musik, die ich höre und falle daher auf Konzerten auf wie ein bunter Hund und werde von außen nur als Anhängsel und „mitgeschleppt“ wahrgenommen. Und Farbe habe ich auch nicht unter der Haut und nur 2 Piercings… So fällt man auf Punk-Rock-Konzerten doch schon sehr auf :D
    Durch Freunde habe ich auch schon von der eingeschränkten Offenheit in der Hardcore-Szene gehört. Ich denke aber, dass ist immer so, egal um welche Musik es geht.
    Nicht, dass man ausgeschlossen wird, wenn man nicht voll dem Bild/der Meinung entspricht, aber voll aufgenommen wird man halt doch nur, wenn man sich 100% anpasst. Und da kann die Grundhaltung noch so tolerant sein…
    Da bleibt einem nur: Weiter die Musik lieben und die eigene Persönlichkeit dadurch stärken!

    Antworten
    • Morgen Wird Gestern meint

      20. August 2016 um 14:10

      Da hast du einfach Recht :) Auf der Stageload-Facebookseite sind die Reaktionen dann doch etwas… anders :D

      Antworten

Trackbacks

  1. No happy time in Vegan Wonderland - Morgen wird Gestern sagt:
    18. März 2017 um 18:12 Uhr

    […] zur Hardcoreszene halte ich mich aus dem ganzen Antifa-Krams dementsprechend raus und bilde mir je nach Thema mein eigenes Urteil. Ich möchte aber dennoch auf das Thema hinweisen, welches seit gestern meine Internetumgebung […]

    Antworten

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Ines, Berlin.

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Today we made our decision public to discontinue w Today we made our decision public to discontinue with our music magazine @stageload. The past two weeks I’ve been busy with preparing content for the end. I’ve also lost myself in memories too many times when looking through photos and various chat messages by my colleagues.  Stageload has been a very relevant part of my life for over ten years. It offered me a community in a music scene I never felt welcome in, it gave me the opportunity to visit lots of concerts I would not have been able to afford and let me meet like-minded people all over the country.  So what now? For one, I sincerely hope the #stgldteam keeps in touch. And then I’ll probably have some more time for my blog which might result in more music-related content – or not. I’ve focused on the organizational side of things in the past few years and don’t plan to go back to writing album reviews anytime soon. I’ll definitely continue with album of the year ratings though. We’ll see how it goes besides that. First, it needs to sink in that Stageload really is no more and that the Stageload “to do”-list has been cleared once and for all. 
📷 @davidszubotics @sebastianigel @_andrewimmer
Ending the year on Instagram with an impression of Ending the year on Instagram with an impression of the first hike I did this year - to the top of Brocken in January. It was the only time with a considerable amount of snow and, even more important, a time where I had so many plans for 2020 and absolutely no clue how different they would be turning out. No New York, no big birthday and wedding celebrations of friends and family, almost no live gigs, less FOMO than ever, nine months in home office and SO many feelings.
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