Moonlight, 8 Nominierungen. Fences, 4 Nominierungen. Lion, 6 Nominierungen. Spätestens seit der letztjährigen #OscarsSoWhite Initiative muss bei den Academy Awards Wert auf Diversität gelegt werden und so standen dieses Jahr gleich mehrere Werke über ethnische Minderheiten im Fokus der Verleihung. „Lion – Ein langer Weg nach Hause“ konnte als einziges der drei Dramen letztendlich gar keinen Preis gewinnen. Sehenswert ist der Film trotzdem.
Vorhang auf für den süßesten Nachwuchsschauspieler ever ever ever: Sunny Pawar stach über 2.000 Konkurrenten für die Rolle des fünfjährigen Saroo aus und begeistert nun ein Millionenpublikum bei „Lion“ im Kino. Basierend auf einer wahren Geschichte zeigt die Hälfte des zweistündigen Films nämlich eben jenen Saroo, einen kleinen Jungen aus Indien, der eines Tages in einen Zug steigt und aus diesem erst zwei Tage später in Kalkutta aussteigen kann. Über tausend Kilometer von seiner Heimat entfernt, ohne Essen, ohne Kontakt zu seiner Mutter und nicht mal derselben Sprache mächtig, versucht er tapfer, sich durchzuschlagen. Als er irgendwann in einem Waisenhaus landet und sich kein Elternteil auffinden lässt, wird er zur Adoption freigegeben. Saroo lernt Englisch und Tischmanieren, wird in einen Flieger nach Australien gesetzt und wächst bei den Brierleys in Tasmanien auf. Dort geht es ihm unerwartet gut, er adaptiert die neue, fremde Welt und scheint sein altes Leben kaum zu vermissen. Erst später, als er für sein Studium in die Großstadt zieht und dort „wahre“ Inder kennenlernt, merkt er, was er eigentlich verpasst. Saroo macht sich sodann auf die Suche nach seiner alten Familie – mit nicht mehr als seiner Erinnerung als Orientierungshilfe.
Dev Patel, der schlaksige Muslim mit Segelohren aus „Skins“ und der intelligente Inder aus „Slumdog Millionär“, spielt in „Lion“ einen charakterstarken jungen Erwachsenen, dessen Sehnsucht nach seiner Heimat zur seelischen Herausforderung wird. Tut einem der kleine Saroo noch unfassbar leid, ist Devs Interpretation des zerrissenen Adoptierten so nervenaufreibend, dass die eigenen Gefühle zwischen Verständnis und Abneigung hin und her pendeln. Genau das macht das Drama so mitreißend – gegen Ende wird regelrecht mitgefiebert, ob Saroo seine Familie wiederfinden kann. Zugegeben, der Untertitel „Ein langer Weg nach Hause“ ist hin und wieder wörtlich zu nehmen, denn in der zweiten Hälfte gilt es tatsächlich die eine oder andere Länge zu überbrücken, doch unglaublich schöne Bilder und Melodien lenken davon erfolgreich ab. Wer nach „Lion“ nicht dringend nach Tasmanien fliegen will, wurde wenn überhaupt vom niedlichen Sunny Pawar abgelenkt.
(Falls ihr euch entscheiden müsst: „Hidden Figures“ gefiel mir besser!)