Mittlerweile hatten wir schon über eine Woche in Kanada hinter uns, da wurde es langsam Zeit, den Weg in die Rocky Mountains anzutreten. Nach einem kurzen Proviant-Stopp beim beschaulichen Kelowna Farmer’s Market setzten wir uns also ins Auto Richtung Golden. Die Stadt markiert quasi den Beginn der Rockies und ist ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für Besuche der Yoho und Banff National Parks.
Natürlich könnte man auch direkt an einem der beliebten Seen wohnen, dafür darf man aber gut und gerne 400$ hinlegen. Für ein Doppelzimmer. Für eine Nacht. Haha. Da wohnten wir lieber in Golden in einer Lodge, in der wir ein eigenes Schlafzimmer samt Bad hatten, uns aber Wohnzimmer und Küche mit bis zu vier anderen Parteien teilten. Für die zwei Nächte eigentlich eine ganz gute Wahl, so konnte man sich austauschen, was sich in der Umgebung lohnt. Unser Host war zudem ein Kanadier wie er im Buche steht und erzählte uns viele lustige Geschichten. Schade, dass wir den Bären nicht gesehen haben, der zwischendurch „drunk on rotten apples“ am Baum lehnte. Aber zurück zur Natur: Einen ganzen Tag widmeten wir dem Yoho Nationalpark. Da ich ganz sicher nicht in der Lage bin, 15km an einem Stück zu laufen oder über mehrere Tage andauernde Wanderungen zu machen, suchten wir uns Strecken und Ziele aus, die „leicht bekömmlich sind“, allerdings auch nicht nur bedeuten würden, dass wir Auto fahren, aussteigen, Foto schießen, weiterfahren. Das machen nämlich in der Tat ziemlich viele, sodass sich bei Highlights wie dem smaragdgrünen Emerald Lake die Touristen nur so tummelten. Wir starteten demnach mit den Wapta Falls, einem ziemlich großen Wasserfall zu dem ein entspannter Waldweg führt. Danach ging es halb um den Emerald Lake, um den Massen wenigstens etwas zu entkommen, und dann, auf Empfehlung unseres Gastgebers hin, zu den Laughing Falls. Während die meisten sich nur kurz die Takakkaw Falls anschauen, lohnt es sich, noch ein paar Stunden zu wandern und die Rocky Mountains weiter kennen zu lernen. Direkt am Wasserfall schmeckt das Lunchsandwich auch gleich viel besser. Nach dem Rückweg war’s dann aber schon genug für den aktiven Part des Tages, der hier in den Bergen meist gegen 17 Uhr mit Regen beendet wird. Da kriegt man gleich einen ganz anderen Schlafrhythmus.
Der Yoho Nationalpark grenzt direkt an den Banff Nationalpark, dem wir uns in den nächsten zwei Tagen widmen wollten. Zunächst ging es aber mit dem Auto über den Icefields Parkway in den Norden – eine dieser Straßen, die man einfach erfahren muss! Gletscher reiht sich an Gletscher, überall zeigen sich glasklare Seen und man möchte einfach nur ständig aus dem Auto fotografieren. Tatsächlich könnte man auch einfach den lieben langen Tag durch die Gegend fahren und sich von Viewpoint zu Viewpoint angeln. Wir wollten uns aber noch etwas bewegen und stiegen daher auf den Bow Summit. Nach ca. 1,5 Stunden standen wir auf einmal einsam und allein auf 2.800 Meter Höhe mitten im Schnee der Rocky Mountains. Irre, wie wir uns noch vor ein paar Tagen die Sonne auf den Pelz scheinen ließen und nun auf einmal die Mütze auspackten. Nach der faszinierenden Wanderung ging es dann noch kurz an den Peyto Lake, noch etwas weiter über die eisige Landstraße und ca. nach der Hälfte war es Zeit, umzudrehen. Sonst hätten wir es leider nicht mehr zu unserem Hotel nach Canmore geschafft, welches im Süden, am Rande des Banff Nationalparks, liegt. Nicht, dass diese Fahrt weniger „scenic“ wäre: Auf dem Weg nach Canmore passierten wir zum Beispiel Moraine Lake und Lake Louise – die meistfotografierten Seen im Park. Anhand der noch immer sehr beanspruchten Parkplätze konnten wir uns ganz gut vorstellen, wie voll es wohl tagsüber in der Hauptreisezeit wäre. Umsäumt von Bergen sind die beiden Seen aber auch wirklich hübsch. Mir kleinem Abenteuerkind gefiel der Moraine Lake ein Ticken besser, denn dort konnte man für eine bessere Aussicht auf einen Felsen klettern. Etwas gemütlicher ging es am Lake Louise zu: Dort hätten wir für 80 Dollar (!!!), also etwa 50 Euro (!!!), eine halbe Stunde (!!!) Kanu fahren können. Ähm. Nein danke. Wir Sparfüchse wohnten schließlich sogar extra in Canmore und nicht in Banff. Tatsächlich existiert Canmore wohl wirklich nur als etwas günstigerer Touristenableger der Nachbarstadt. Ein Hotel reiht sich hier ans andere. An sich also kein sonderlich spannender Ort, dafür aber für die zwei Nächte eine sehr praktische Basis für die Rocky Mountains. Am nächsten Tag hatten wir es dann nämlich wirklich gar nicht mehr weit: Wir wollten nochmal in den Schnee und widmeten uns daher ca. 5 Stunden lang dem „Stanley’s Glacier Trail“ im Kootenay Nationalpark ganz in der Nähe von Banff. Da es die Nacht über geregnet hatte, wollten die wenigsten wandern gehen und so kämpften wir uns, fast ohne eine Menschenseele zu treffen, durch den Schlamm. Nun gut, so schlimm war es nicht, aber ich hatte doch das ein oder andere Mal Angst, gleich der Nase lang hinzufliegen. Das macht’s aber natürlich gleich irgendwie interessanter und der Viewpoint inmitten von Berggipfeln am Ende des Weges war auch wirklich nicht zu verachten. Dagegen konnte Banff an sich dann nur noch verlieren. „Little China“ wird die Stadt mittlerweile treffend genannt und tatsächlich ist Banff eine einzige Touristenhochburg, in der sich die Reisebusse gute Nacht sagen. Interessant, wie dicht in den Rocky Mountains Überfüllung und Einsamkeit nebeneinander liegen.
Calgary
Calgary sollte als Flughafenstadt den letzten unserer Stopps bilden und wir waren zunächst noch positiv überrascht – es gibt ein paar ganz schöne Ecken, wie die Center Bridge oder den Nose Hill Park –, mussten wir recht schnell feststellen, dass in der Stadt gefühlt gar nichts geht. Geschäfte machten in der Woche um 18 Uhr zu, die bekannten Indoor Gärten waren wegen Renovierung geschlossen und die Stadt strotzte nur so vor irgendwelchen Businesstypen, die der Ölhochburg ihr Gesicht gaben. Muss man also nicht unbedingt gesehen haben, dafür war es aber die weltbeste Entscheidung, nicht nochmal nach Vancouver zurück fahren zu müssen. So viel Spaß wir in der Stadt hatten und so schön der Trans-Canada-Highway auch ist, doppelt fahren muss man ihn nicht. Denn auch so ertappten wir uns mittlerweile, wie wir die schönsten Seen nur noch mit einem kurzen Blick streiften und längst nicht mehr so leicht zu beeindrucken waren wie damals am Lost Lake. In dem Sinne waren die zwei Wochen genau richtig gewählt, wenn man nicht vor hat, mehrere Wochen wandern zu gehen. Bei einer längeren Urlaubsdauer hätten wir uns vermutlich noch für Vancouver Island entschieden, doch gefehlt hat es uns nicht. Der Kanada-Urlaub war schon so eine wirklich tolle Erfahrung mit derart vielen verschiedenen Eindrücken, dass wir uns noch lange an ihn erinnern werden.
Oh man, was ein Traum. Gigantische Natur, das möchte ich auch unbedingt mit eigenen Augen erlebt haben. Eieiei, diese Landschaften könnten alle einem Indie-Albumcover dienen, so schön.
Autor
:)
Vor deinem Urlaub war ich schon sehr neidisch auf deine Reise und jetzt bin ich es noch um so mehr! Sehr schöner Bericht, macht Lust auf Kanada. Und auch gut von einer – ich zitiere: „nicht sonderlich wandererprobte Sportnull“ zu lesen, dass man dort auch Spaß hat, wenn man nicht auf den nächsten Ironman trainiert.
Autor
Hihi, das hast du jetzt aber auch schön formuliert :)
Wunder, wunder, wunderschöne Bilder!
Autor
Vielen Dank! :)
Autor
Vielen Dank! :)
Tolle Reihe und besonders der letzte Teil war richtig schön zu lesen. Ich hoffe, dass ich auch irgendwann einmal so eine Reise machen kann.
Oh man ich bin so neidisch! Ein Roadtrip durch Kanada? Das werde ich auch mal machen! :)
Liebst,
Farina