Südosteuropa ist für viele als Reisedestination bisher nicht wirklich präsent. Klar, in Kroatien lagen die meisten Europäer schon einmal am Strand, aber Montenegro, Albanien, Serbien oder auch Bosnien und Herzegowina kommen nur langsam ins Bewusstsein als Griechenland- oder Türkei-Alternative. Dass ich kürzlich in Montenegro Urlaub machte, war ein Resultat aus Empfehlungen von Freunden sowie meiner Schockverliebtheit, als ich mich durch die Google-Bildersuche von Montenegro klickte. Da meine Vernarrtheit ins Land geblieben ist, gebe ich euch Tipps und Anregungen mit, falls ein Montenegro-Roadtrip ebenfalls auf eurer Bucket List steht.
Kurzvorstellung von Montenegro
Montenegro (in Landessprache auch „Crna Gora“) ist eine Republik an der südöstlichen Adriaküste mit nur 625.000 Einwohnern.
Seit Juni 2006 ist Montenegro unabhängig, zuvor hatte es seit 1920 zu Jugoslawien bzw. bis 1878 noch zum Osmanischen Reich gehört. Die Einflüsse der Region lassen sich nicht nur kulinarisch, sondern auch kulturell erkennen: Knapp 30% der Einwohner bezeichnen sich als Serben im Vergleich zu 45%, die sich in erster Linie als Montenegriner verstehen (Quelle).
Serbisch ist die am meisten verwendete Sprache und es ist sowohl das lateinische als auch das kyrillische Alphabet in Gebrauch. Englisch wird zwar in den Schulen unterrichtet, gerade beim (mittel-)alten Teil der Bevölkerung ist die Sprache aber nur bruchstückhaft bekannt , sodass die Verständigung mit der einheimischen Bevölkerung abseits der touristischen Küstenorte in kurzen Sätzen und mit Handzeichen erfolgt.
Aktuell darf sich das kleine Land „Beitrittskandidat der EU“ nennen. Den Euro als Währung gibt es bereits und auch die Infrastruktur wurde deutlich aufpoliert, um das Land für Wirtschaft und Tourismus attraktiv zu machen.
Apropos attraktiv für den Tourismus: Montenegro ist trotz seiner beschaulichen Größe von 13.812 Quadratkilometern (zum Vergleich: Schleswig-Holstein hat 15.800 km²) ein erstaunlich abwechslungsreiches Land. Montenegro bietet Reisenden steilabfallende Buchten, historische Küstenorte, artenreiche Wälder, Sumpfgebiete, Hochgebirge sowie Canyons, deren Tiefe weltweit nur vom Grand Canyon in den USA getoppt wird.
Die Touristen-Hauptsaison ist im Juli und August und nur zu empfehlen, wenn man sich wie Sardinen am Strand drängen möchte. Für einen Mix aus Küste und Landesinnerem bieten sich die Reisemonate Mai, Juni und September an. In den kälteren Monaten besteht die Gefahr, dass das Wandern in den Nationalparks durch Schnee eingeschränkt wird. Für Wintersport-Fans wiederum aber natürlich genau das Richtige.
Anreise & Unterkunft
Montenegro wird vom deutschsprachigen Bereich kommend vornehmlich via Flugzeug angesteuert, da die Reisezeit mit Auto, Fernbus oder Zug einen ganzen Tag in Anspruch nehmen würde. Es gibt zwei Flughäfen im Land: in Tivat und Podgorica.
Wenn das Angebot von eurem Heimatflughafen limitiert ist, schaut mal nach Flügen ins viel stärker frequentierte Dubrovnik in Kroatien. Der Flughafen liegt nur eine knappe halbe Autostunde von der Grenze zu Montenegro entfernt und die Wartezeiten an der Kontrolle sind in der Nebensaison mit 30 bis 60 Minuten überschaubar.
Wer sich entscheidet, den Großteil seiner Zeit an der Küste zu bleiben, kann auf den Mietwagen verzichten und geführte Ausflüge buchen, die in Kotor und Co. zuhauf angeboten werden. Individualtouristen, die alle paar Tage den Ort wechseln, bewegen sich entweder per Fernbus und Trampen oder per Camping- bzw. Mietwagen fort. Für einen waschechten Montenegro-Roadtrip ist ein eigenes Auto natürlich deutlich komfortabler und schafft gerade in den fünf Nationalparks des Landes mehr Unabhängigkeit und Flexibilität.
Ich empfehle zudem, einen Mietwagen mit Grenzüberschreitung zu buchen, das kostet ca. 10 Euro Aufschlag pro Tag und gibt euch die Möglichkeit, die Nachbarländer Montenegros zu beschnuppern. Wir haben z.B. aufgrund der besseren Konditionen eine Raftingtour in Bosnien gemacht und konnten mit dem grünen Schein ohne Probleme einreisen. Wer nach
Kroatien fliegt, muss die Grenzüberschreitung sowieso einkalkulieren. Ein weiterer Komforttipp für Fahrer: Sich in die Gepflogenheiten des Verkehrs einzufügen ist oft sicherer als seinen eigenen Fahrstil durchzuziehen – wenn alle schnell fuhren, fuhren wir auch schnell. Die Montenegriner werden schon wissen, was sie tun.
Viele große Hotelketten gibt es in Montenegro nicht – die meist angebotene Form der Unterbringung sind Ferienwohnungen oder kleine, inhabergeführte Hotels. In der Nebensaison kann durchaus kurzfristig, d.h. 1-2 Tage im Voraus, gebucht werden. Am besten immer Apartments mit Waschmaschine wählen, um mit leichtem Gepäck durch die Gegend reisen zu können.
Montenegro-Roadtrip: Route und Übernachtungsorte
Montenegro ist ein super Urlaubsziel, für alle, die in 10 bis 14 Tagen einen Mix aus Entspannung und Natur suchen. Im besten Fall legt ihr vorab die grobe Route und eure Wunschziele fest und entscheidet dann spontan während des Urlaubs, wie lange ihr euch an den jeweiligen Orten aufhaltet.
Eine mögliche Planung für euren Montenegro-Roadtrip könnte wie folgt aussehen – natürlich immer davon abhängig, an welchem Flughafen ihr ankommt.
- Kotor (2-3 Nächte) für eine süße Altstadt und einen super Blick auf den bekanntesten „Fjord“ Südosteuropas
- Küstenort (2-3 Nächte), z.B. Drobnici, für Entspannung am Meer
- Skutarisee Nationalpark (1-2 Nächte), z.B. in Virpazar, für einen Ausflug in ein eher sumpfiges, vogelreiches Ökosystem
- Durmitor Nationalpark (mind. 3 Nächte), z.B. in Zabljak, und Biogradska Gora Nationalpark (1-2 Nächte), z.B. in Kolasin, für Panoramastraßen, Wandern im Hochgebirge und traumhafte Seen
Die beiden größten Städte des Landes, Podgorica und Niksic eignen sich maximal als Pit-Stop auf der Durchreise.
Beim Vorbeifahren sehenswert, aber ohne Notwendigkeit für eine Übernachtung sind das Felsenkloster Ostrog, die Altstadt von Budva sowie Miniinsel und Postkartenmotiv Sveti Stefan. Wer für den Strand weiter in den Süden fährt, kann sich auch die Ruinen von Stari Bar anschauen.
Welche Aktivitäten sich hinter den oben genannten Destinationen eures Montenegro-Roadtrips verbergen, verrate ich euch im nächsten Absatz.
Sehenswürdigkeiten & Aktivitäten in Montenegro
Aufgrund unserer verspäteten Koffer-Lieferung verbrachten wir den ersten Teil unseres Urlaubs an der kroatischen Küste, sodass wir nicht alle Ziele in Montenegro bereisen konnten, die wir vorab geplant hatten. Ich kann euch daher aus eigener Erfahrung „nur“ von der Kotor-Region, dem Skutarisee und dem Durmitor Nationalpark berichten.
Kotor
Kotor ist eine alte mediterrane Handels- und Hafenstadt an der Adria und bekannt für gleich zwei Dinge:
- die von einer 4,5 km langen Stadtmauer umgebene mittelalterliche Altstadt, die Teil des UNESCO-Weltkultur- und Naturerbe ist.
- die von bis zu 1.900 Metern hohen Bergketten umrahmte tiefe Bucht, die von Laien gern als norwegischer Fjord bezeichnet wird (fachlich richtig ist eher „Canyon“).
Kein Wunder also, dass Kotor die meistbereiste Destination Montenegros ist. Wir waren zuvor skeptisch, da die Stadt von vielen Kreuzfahrtschiffen angefahren wird und zudem Aufenthaltsort vieler internationaler Backpacker ist. Zwischen Menschenmassen durch die Altstadt quetschen: absolut nicht meins. Zum Glück kann man diesen Zustand aber noch ganz gut umgehen: Am besten zuvor recherchieren, an welchen Tagen eures Urlaubs nur ein statt drei Kreuzfahrtschiffe anlegen und die Innenstadt am Abend besichtigen.
Wenn ihr in Kotor seid, ist ein abendlicher Aufstieg entlang der Stadtmauer sowieso Pflicht. In ca. 30 Minuten können die 1.350 Stufen zu St. John’s Fortress erklommen werden, oben wartet ein Sonnenuntergang mit Blick auf die Bucht auf euch – wie gemalt! Danach geht’s zum Essen in die Altstadt, zum Beispiel bei Cesarica (Reservierung empfohlen).
Tagsüber könnt ihr entweder am Wasser faulenzen oder einen Ausflug ins (sehr touristische) Perast unternehmen, das wegen seiner kleinen, mit jeweils einem Gebäude bebauten, Inseln bekannt ist. Hier reicht allerdings definitiv der Aussichtspunkt vom Land aus, ein Aufenthalt auf der Insel von „Our Lady of the Rocks“ ist überteuert und recht langatmig.
Sehr zu empfehlen wiederum ist ein Ausflug von Kotor in den Lovcén Nationalpark. Die dortige Serpentinenstraße mit 25 Kurven bietet viele spektakuläre Aussichtspunkte auf die Bucht von Kotor. Oben wartet ein Mausoleum auf euch, welches auch zugunsten von einem kleinen Spaziergang ausgelassen werden kann.
Skutarisee Nationalpark
Der Skutarisee Nationalpark mit seiner sumpfigen Vegetation und Vogelvielfalt eignet sich vornehmlich, um am See zu entspannen und richtig schön runterzufahren. Es werden verschiedene Bootsfahrten und Kanutouren angeboten. Mit etwas Glück bietet eure Unterkunft auch einen Wasserzugang zum Schwimmen an. Unsere Wohnung befand sich in Rijeka Crnojevića, das vor allen Dingen aufgrund seines „Saarschleife-ähnlichen“ Aussichtspunkts (Pavlova Strana Viewpoint) bekannt ist. Dort ist es wirklich sehr ruhig. Wer abends z.B. Essen gehen möchte, sollte sich eher in Virpazar eine Unterkunft suchen.
Durmitor Nationalpark
Der Durmitor ist ein Bergmassiv im Norden Montenegros mit Gipfeln in bis zu 2.500 Metern Höhe, sodass der das Massiv umschließende Nationalpark ein beliebtes Ziel von Wanderern und Campern ist. Der Großteil der Touristen herbergt in und um Zabljak – außerhalb des Orts gibt es viele schöne Ferienhäuser, wo ihr ganz für euch sein könnt.
Am besten holt ihr euch direkt am ersten Tag eine Wanderkarte in der Touristeninformation und sucht die für euch schönsten Routen raus.
Die folgenden fünf Ziele und Aktivitäten im Durmitor Nationalpark werden von den meisten Reisenden mitgenommen:
1) Der Gletschersee Crno Jezera, der mich stark an unseren Kanada-Roadtrip erinnert hat. Ein 75 Minuten langer Rundweg durch den Wald ist für alle Besucher zu empfehlen. Am besten am frühen Abend ankommen, dann sind die meisten Reisebusse schon auf dem Rückweg.
2) Der Curevac-Pfad: In nur 30 Minuten geht’s zum Aussichtspunkt mit Blick auf den Tara-Canyon.
3) Ein Aufstieg auf den Bobotov Kuk, den mit 2.522 Höhenmetern (fast) höchsten Berg Montenegros mit wunderbarem Ausblick auf alle Nachbarländer. Die Wanderung mit Start am Sedlo Pass geht über 600 Höhenmeter, nimmt 6-8 Stunden in Anspruch und erfordert eine gewisse Grundfitness, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit. Hin und wieder säumen Steigbügel den Weg, ein Absichern mit Seilen ist nicht notwendig. Der Weg ist zwar ausgeschildert, eine Kontrolle mittels Wanderkarte aber sehr zu empfehlen, um nicht auf einmal auf einer alternativen Route zu landen. Am besten startet ihr schon um 7 Uhr morgens eure Wanderung auf den Bobotov Kuk – dann ist am wenigsten los und ihr kommt bei angenehmen Temperaturen auf dem Gipfel an.
4) Die Panorama-Straße „Durmitor-Ring“ bei müden Füßen – also z.B. den Tag nach eurer Bobotov Kuk Wanderung. Für die Strecke, für die ein eigenes Auto erforderlich ist, gibt es ebenfalls eine Karte in der Touristeninformation. Am besten macht ihr in dem Zuge auch einen Abstecher zum Stausee Piva in Plužine – tolle Farben!
5) River-Rafting auf der Tara. Saison ist von Mai bis September, die beste Zeit fürs Rafting ist der Mai, da die Tara dort (in der für Touristen erlaubten Zeit) am höchsten ist. Im Hochsommer wird’s zuweilen recht heiß im Boot, im Herbst ist der Fluss sehr niedrig und die Stromschnellen sind entsprechend weniger spannend. Nichtsdestotrotz ist das Rafting auf der Tara eine super Gelegenheit, die Natur in sich aufzusaugen. Es gibt eine Reihe von Anbietern mit unterschiedlichen Startpunkten und Abfahrtszeiten, wir waren mit Tara Sport Rafting sehr zufrieden.
Essen in Montenegro
Gute Restaurants sind in Montenegro schwierig zu finden. Aufgrund der vielen Ferienwohnungen ist es durchaus üblich, sich selbst zu versorgen. Am besten frühstückt ihr Zuhause, versorgt euch für den Tag mit Snacks und abends kocht ihr entweder selbst oder geht basierend auf Tipps der Gastgeber essen. Manchmal besteht die Möglichkeit, sich von ihnen bekochen zu lassen – ein Vorteil von kleineren Hotels. Die Küche ist im Landesinneren recht fleischlastig und von der Grillkultur geprägt, an der Küste dominieren Fischgerichte und italienische Speisen.
Haltet beim Bäcker, auch beim Bäcker im Supermarkt, Ausschau nach gefüllten Blätterteigteilchen – eine Spezialität des Landes. Besonders die vegetarischen Varianten hatten es uns angetan, z.B. Tomate-Paprika oder Spinat.
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